Mit einer bisher noch nicht dagewesenen Rekordbeteiligung von 577 Personen hat der Nautische Verein zu Hamburg e.V. (NVzH) am 5. Februar 2019 sein diesjähriges Schifffahrtsessen veranstaltet. Hochzufrieden zeigte sich denn auch der Vorsitzende des NVzH, Kapitän Christian Suhr, über das rege Interesse an der Feier. Große Sorgen allerdings bereitet dem NVzH weiterhin die Sicherung des seemännischen Know-how in Deutschland. "Unsere beiden Podiumsdiskussionen 2017 und 2018 haben ergeben, dass auch in der Zukunft ein großer Bedarf an maritimem Know-how in Deutschland besteht", sagte Suhr in seiner Begrüßungsrede, die immer auch eine politische Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Situation in der maritimen Branche ist.
Der NVzH werde das Ringen um den seemännischen Nachwuchs auch weiterhin begleiten und er begrüßte die Zusage des Vorstandes des Deutschen Nautischen Vereins (DNV), im Ständigen Fachausschuss (StFA) einen "runden Tisch" zu etablieren, um effektive Lösungen herauszuarbeiten.
Ein weiterer Bereich, mit dem sich der NVzH befasst, ist die Digitalisierung in der Schifffahrt. Dabei sei der Teilaspekt "unbemannter Schiffsbetrieb" für den Verein besonders wichtig, weil dieser überaus kontrovers diskutiert werde und unterschiedliche Bewertungen hervorrufe, berichtete Suhr. Zum Thema "Unbemannte Schlepper" werde ein Experte vom Fraunhofer Institut für Maritime Logistik am 16. April ein Referat halten. Und auch bei dem Motto der diesjährigen Nationalen Maritimen Konferenz am 22. und 23. Mai in Friedrichshafen, "Deutschland maritim - global, smart, green", liege man mit einer Podiumsdiskussion unter dem Thema "Umweltfreundliche Treibstoffe in der Seeschifffahrt" voll im Trend, sagte der NVzH-Vorsitzende. Die Themen Schiffs- und Verkehrssicherheit sowie der maritime Umweltschutz, so Suhr weiter, hätten durch die Havarien der Containerschiffe "MSC Zoe" und "Yantian Express" neue Nahrung bekommen. Jetzt seien die internationalen Klassifikationsgesellschaften und Sicherheitsorganisationen gefordert, fachmännische Untersuchungen durchzuführen und realistische Verbesserungsvorschläge zu machen. "Populistische Forderungen helfen hier sicherlich nicht", sagte Suhr.
In seiner Festrede ging der Hapag-Lloyd-Vorstandsvorsitzende Rolf Habben Jansen auf die gegenwärtige Situation in der Containerschifffahrt ein. Gerade sein Unternehmen habe mit der Übernahme der chilenischen CSAV und der arabischen USAC bei der bislang noch nie dagewesenen Konsolidierungswelle in der Containerschifffahrt eine wesentliche Rolle gespielt. Die von ihm selbst gestellte Frage, ob die Konsolidierung in diesem Tempo weiter ginge, beantwortete er mit einem klaren "Nein!". Bei weiteren Fusionen würden die Kartellbehörden nicht mehr mitmachen. Von den 20 größten Linienreedereien seien heute, nur etwa fünf Jahre später, noch elf übrig geblieben. "Hapag-Lloyd setzt nicht mehr auf Größenwachstum", sagte Habben Jansen. Die neue Strategie habe eine Steigerung der Qualität bei nur noch selektivem Wachstum zum Ziel. "Der Kunde erwartet zuverlässige Lieferketten. Daher müssen wir in die Qualität investieren", so der Hapag-Lloyd-Chef. Dafür seien die Kunden auch bereit, mehr zu zahlen. Mit Hilfe der Digitalisierung strebe Hapag-Lloyd jetzt das Ziel an, "die Nummer eins in der Qualität der Lieferketten" zu sein.
Voll hinter den neuen Schwefelgrenzwerten für Schiffsabgase steht nach Darstellung ihres Vorstandsvorsitzenden die Reederei Hapag-Lloyd. Die Umsetzung dieser neuen Vorschriften bedeute aber enorme Mehrkosten für die Schifffahrt, und zwar 60 Milliarden US-Dollar für die gesamte Branche und rund eine Milliarde US-Dollar ab 2020 für Hapag-Lloyd. Das führe zu höheren Transportkosten, wofür man "den Kunden eine transparente Rechnung" vorlegen werde. Derzeit werde das Containerschiff "Sajir" (14 993 TEU) testweise auf die Möglichkeit, auch LNG als Brennstoff zu verwenden, umgerüstet. Die Kosten für den Einbau einer Abgasreinigung, eine Alternative zur Umrüstung auf LNG-Betrieb, beliefen sich auf sieben bis zehn Millionen US-Dollar pro Schiff. "Die Lösungen müssen sich aber langfristig bewähren", sagte Habben Jansen. Die Ziele seien sehr ambitioniert und nur sehr schwer und mit hohem finanziellen Aufwand umzusetzen.
Auch der Hapag-Lloyd-Chef fordert mehr Investitionen in die Infrastruktur des Hamburger Hafens. Die Elbvertiefung und eine neue Köhlbrandquerung müssten kommen, verlangte er. Das sei nicht nur wichtig für Hapag-Lloyd, sondern für den Wirtschaftsstandort Hamburg und auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Was den Handelsstreit zwischen den USA und China angehe, habe dies bei Hapag-Lloyd sogar zu einem Transportmengenanstieg im Transpazifikverkehr geführt. Aber: "Von Handelsbeschränkungen profitiert niemand" betonte er und stellte für die europäische Ebene fest, dass "der Brexit den Handel mit Großbritannien enorm komplizieren" würde. Positiv hob Habben Jansen dagegen das kürzlich geschlossene bilaterale Handelsabkommen zwischen Deutschland und Japan hervor. Für 2019 erwartet der Hapag-Lloyd-Chef ein "gesundes Wachstum" und ist "vorsichtig optimistisch" .
Die Kapitänsrede hielt Kapitänin Nicole Langosch, die über ihren Werdegang in der Schifffahrt und ihre Erlebnisse als weiblicher Kapitän berichtete. Angefangen 2002 mit einem Praktikum an Bord eines Schiffes der Reederei Hermann Buss, Leer, erhielt sie im März 2018 nach Absolvierung der Studiengänge Diplomingenieur für Seeverkehr und Diplomwirtschaftsingenieur für Reedereilogistik das Kommando auf dem Kreuzfahrtschiff "Aidasol". Sie sei "innerlich mit der neuen Verantwortung gewachsen" und betreibe den so "wunderbar reizvollen" Beruf mit voller Hingabe, sagte sie.
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